Der unbeholfene Bauer

Stegner in den Lübecker Nachrichten vom 31.07.2009 auf die Frage, wie er seinen CDU-Rivalen Carstensen „angehen“ will: Wir werden einen sachbezogenen Wahlkampf führen, der sich persönlicher Angriffe auf einzelne Personen enthält. Es geht um die Zukunft des Landes – und nicht um das Personal anderer Parteien.

Aha, der Vorsatz ist gut – allein da werden die Genossen wohl nicht mitziehen.

Dr. Ernst Dieter Rossmann, Sprecher der SPD-Linken im Bundestag am 16.7.2009 in der Süddeutschen: . „Ministerpräsident Peter Harry Carstensen ist ein Spalter des Landes und betreibt die Machtpolitik eines altgewordenen Gutsherrn„, „er behandelt die SPD, als wenn sie die Schill-Partei von Hamburg wäre. Das lassen wir uns als Sozialdemokraten nicht bieten.“

Heide Simonis giftet Carstensen in focus-online am 17.7.09 an, er sei: „harmoniesüchtig und nicht konfliktfähig. Das mag menschlich sympathisch sein, politisch ist das aber fatal.“

Carstensen der Bauer“ hörte ichvorgestern von einem Edel-Sozi im feinen Hamburger Pöseldorf. Der Carstensen sei „ja so unbeholfen“. Live gesehen und gehört hat er ihn aber noch nicht. Carstensen spricht wohl nicht das feine Pöseldorfer Hamburgisch und er hat auch nicht die hanseatische Körpersprache. Hat er auch nicht nötig.

Ralf Stegner in einem NDR-Interview am 31.07.2009 zur Entlassung der SPD-Minister durch PHC: „Man hat ja im Grunde die besten Leute von Bord gejagt – obwohl der Kapitän die Orientierung verloren hat!“

Carstensen telefoniert mit Nonnenmacher

Heute – 26. Juli 2009 – meldet der NDR, dass Ministerpräsident Carstensen mit dem HSH-Bankchef Nonnenmacher telefoniert hat und ihm nahegelegt hat, auf die Bonuszahlung in Höhe von 2,9 Mio Euro freiwillig zu verzichten.

Hmm, an sich finde ich das gut. Kommt nur ein wenig spät. Frage mich, wieso Herr Stegner denn Herrn Nonnenmacher nicht angerufen hat. Der hält sich da fein raus und zetert.

„Sauhaufen“ Staatskanzlei

Freitag, 24.07.2009 – Man rudert zurück. Der NDR bringt den ganzen Tag Nachrichten, dass PHC wieder zur Mäßigung und zur Besinnung aufruft. Auf die Frage einer Journalistin (Dagmar Rein, NDR-Info) antwortet PHC, dass er einen Wahlkampf ohne persönliche Angriffe auf den politischen Gegner vorhat. Allerdings wisse er nicht, wie reagiert wird, „man uns reizt“. Aber der Vorsatz eines sachorientierten Wahlkampfs sei da.

Stegner wiederholt gegenüber dem Radio, PHC hätte die SPD- Minister „wie Hunde vom Hof gejagt“.  Nanu, nach meiner Erinnerung ist das eine Formulierung, die Frau Spoorendonk in ihrer Landtagsrede vor der Vertrauensfragen-Abstimmung benutzt hatte. Stegner sagt, er habe nicht vor, das  Spitzenpersonal anderer Parteien anzugreifen. Das mögen die Leute gerade dann nicht, wenn sie denjenigen sympathisch finden. „Dann kann der Schuss nach hinten losgehen!“. Richtig. Stegner.

Im Fernsehen sieht man, wie Christian von Boetticher als Superminister seinen nagelneuen Staatssekretär begrüßt. CvB ist jetzt auch stellvertretender Ministerpräsident. Wie schön. Das freut mich für ihn. Der s-h Zeitungsverlag hat eine Umfrage veröffentlicht. Danach haben Schwarz-Gelb in SH nur noch 49 % der Stimmen 32 und 17 Prozent, die übrigen Parteien haben zusammen 23,15,5 und 4 – 47 Prozent.

CDU Landesgeschäftsführer Daniel Günther gibt eine Pressemitteilung heraus: „Zur Meinungsumfrage des Instituts für Marktforschung im Auftrag des Schleswig-Holsteinischen Zeitungsverlages erklärte CDU-Landesgeschäftsführer Daniel Günther:
Die letzten Tage haben ihren Niederschlag in dieser Umfrage gefunden. Beide großen Parteien haben an Zustimmung verloren. Die Diskussionen um die vorzeitige Beendigung der Wahlperiode ging den Menschen durch Mark und Bein. Es war zu erwarten, dass dies auch an der Zustimmung für die Union nicht spurlos vorbeigeht. Wir bereiten uns auf einen sachbezogenen Wahlkampf vor, in dem wir den Menschen klare Perspektiven aufzeigen werden, wie die CDU unser Land in einer handlungsfähigen, auf fünf Jahre gewählten Regierung in dieser schwierigen Zeit führt.“Abends Zusammenkunft mit CDU Kommunalpolitikern. Was ist das bloß für ein Sauhaufen da in der Staatskanzlei? Wer hat PHC mit der Formulierung des Briefes an den Landtagspräsidenten so ins Messer laufen lassen??? Den oder die müsste man gleich mit den SPD-Ministern und den Staatssekretären vor die Tür setzen!

Frau Rave weint?

23. Juli 2009 – 18 Uhr. Berichterstattung NDR 3 Fernsehen. Kurze Zusammenfassung der Landtagsdebatte um die Vertrauensfrage. Es werden Ausschnitte aus der Debatte gezeigt. Dann ein Schnitt – gezeigt wird Ute Erdsiek-Rave, wie sie mit einem Taschentuch knapp unterhalb der getuschten Wimpern entlangwischt. Der Eindruck wird erweckt, Frau Erdsiek-Rave weint. Kurz vorher wurde (von einem Sprecher im Off – ich muss das morgen in der NDR-Mediathek noch einmal anschauen) über die Entlassung der SPD-Minister gesprochen.

So war das aber nicht in der Fernseh Liveübertragung. Da hat Frau Erdsiek-Rave keineswegs geweint, als es um die Entlassung der SPD-Minister und um ihre Entlassung ging. PHC hat dazu ausdrücklich Stellung genommen, aber auch Ralf Stegner und FDP-Kubicke. Ich habe da nicht gesehen, dass Frau Rave weint.

Also.. der NDR hat die Wein-Szene mit einer zweiten Kamera aufgenommen und nachträglich an passender Stelle eingefügt.

Soo werden Nachrichten verfälscht.

Hier soll auf die Tränendrüse gedrückt werden und der Wähler soll die CDU nicht wählen.

Kerstin Tewes spricht dann noch von einem stillosen Rausschmiss – als sie um 18 Uhr Torsten Gerds als parlamentarischen Geschäftsführer interviewt. Ihm gegenüber gestellt wird Ralf Stegner, der sich in Wedel, im Schiff Batavia befindet. Er wird ausführlich befragt. Jammert rum, er würde persönlich angegriffen. Sagt aber nicht, von wem. Kann auch die FDP oder die Presse meinen. Tut so, als wäre er ein CDU-Opfer.

Später am Abend sieht man noch einmal die Szene mit der angeblich weinenden Ute Erdsiek-Rave. Diesmal hört man im Hintergrund die Stimme von Peter Harry Carstensen. Dann wird die Stimme lauter, der Ministerpräsident in Großaufnahme. Er redet überhaupt nicht von der Entlassung der Minister. Nein, er spricht von ganz anderen Sachen, er sagt gerade wörtlich: „Der Dauerkonflikt schadet Schleswig-Holstein“, und ist gerade inhaltlich an der Stelle seiner Rede, wo er vorzeitige Neuwahlen begründet.

Demütigung

Heute ist es also passiert. Der von den Schleswig-Holsteinern allseits beliebte Ministerpräsident wurde von der SPD am Dienstag gezwungen, im Landtag die Vertrauensfrage zu stellen. Heute, am Donnerstag, war die entscheidende Abstimmung. Vor der Landtagssitzung gab es Fraktionssitzungen der Parteien. Martin Kayenburg – Landtagspräsident – CDU – erklärte, er könne und wolle sich nicht der Stimme enthalten. Er würde PHC das Vertrauen aussprechen. Er blieb dann der einzige Abgeordnete, der mit „JA“ stimmte. Alle anderen CDU-Abgeordneten enthielten sich der Stimme und sämtliche übrigen Abgeordneten von SPD, FDP, Grünen und SSW stimmten mit „Nein“. Es war eine sehr demütigende Situation für den Ministerpräsidenten. So etwas vergisst man nicht. Auch als Zuschauer am Fernseher nicht.

Der NDR überträgt live mit ndr-aktuell-extra. In der Anmoderation wiederholt Susanne Stichler: „Für viel Wirbel hat ja diese Woche auch die Entlassung der 4 SPD-Minister gesorgt, das ging ganz schnell, sie mussten innerhalb von 24 Stunden ihre Büros räumen, das sei respektlos gewesen, heißt es immer wieder von der SPD.“  Respektlos? Nein, das ist ein ganz normaler Vorgang, der von der SPD und den ihr nahestehenden Medien nach Kräften aufgebauscht wird, um Stimmung gegen die CDU zu machen. So hoffen sie, doch noch beim Wähler zu punkten.

Die Reden vorher.. PHC hielt eine sehr gute Rede. Er führte noch einmal auf, wie es zum Ende der großen Koalition gekommen war, dass ihm die Entlassung der 4 SPD-Minister nicht leicht gefallen ist, dass er sie menschlich schätzt. Lothar Hai war dort, Gitta Trauernicht-Jordan und Ute Erdsiek-Rave. Ex-Minister Döhrung war nicht gekommen, obwohl er es von Neumünster aus nicht weit gehabt hätte und ein Platz auf der Zuschauer-Tribüne wäre für ihn garantiert frei gehalten worden. Aber ohne Dienstwagen ist das wohl schwierig. Er ist auch kein Landtagsabgeordneter, insofern wäre er Zuschauer gewesen, kein Akteur. Gitta Trauernicht-Jordan grinst permanent vor sich hin. Sie wird nur einmal ärgerlich, als sie von Wolfgang Kubicki hart angegriffen wird. Lothar Hai wirkt ernst und nachdenklich. Ute Erdsiek-Rave wirkt ebenso sehr ernst.  Während der Reden von PHC, Wadephul und Kubicki höre ich öfter Zwischenrufe einer Frauenstimme. Ich vermute, es ist die stv. Landtagspräsidentin Frantzen.  Bin mir aber nicht ganz sicher. Es ist im Fernsehen nicht auszumachen, woher die Stimme kommt.

Die Rede von PHC habe ich mir live und  in der NDR-Mediathek zweimal angesehen. Einmal die von Stegner, Wadephul, Kubicki, Hentschel und Sporendonk. Wadephul war wesentlich besser drauf als letzte Woche. Stegner wie erwartet angriffslustig, genauso Kubicki. Hentschel ging für mich überraschend hart mit Carstensen ins Gericht. War wohl sauer, dass die CDU die Koalition mit der FDP sucht und nicht mit den Grünen wie in Hamburg.  Sporendonk redete der SPD nach dem Mund und biederte sich an – wie immer. Das alte Lied.

Nach den Reden eine halbstündige Pause vor der entscheidenden Abstimmung. Im Foyer stehen drei Bistrotische. Daran Kerstin Tewes, PHC und Stegner. Tewes interviewt. Redet davon, dass die schwarzgelbe Koalition rein rechnerisch nach den Umfragen nur eine hauchdünne Mehrheit hätte. Nein, sagt PHC, das stimmt nicht. Wir haben eine 5-Stimmen Mehrheit – das ist keine „hauchdünne“ Mehrheit!.

Im Radio höre ich dann von irgend einem Journalisten einen Kommentar. Das Abstimmungsergebnis sei wie erwartet ausgefallen. Jetzt ginge es zur Sache. Ein harter Wahlkampf würde folgen, vermutlich würde da mit allen Mitteln gekämpft. PHC hätte schon 2005 eine sicher geglaubte Mehrheit in den Sand gesetzt, er wird auch jetzt Fehler machen, wie die Sache mit den geschassten Ministern, das wird ihn vielleicht die entscheidenden Stimmen kosten. Ja, genau das ist Ziel der SPD-nahen Kampfpresse.

Abends noch mal ein Interview mit PHC im Foyer – nach der Regierungserklärung in Sachen Kernkraftwerk Krümmel. CvB hat seine Sache offenbar ganz ausgezeichnet gemacht. Alle sind des Lobes voll. Das freut mich sehr für ihn. Die Journalisten versuchen PHC zu der Aussage zu bewegen, dass er  – sollten die Wahlen erneut auf eine große Koalition hinauslaufen – eher zurück tritt als es erneut mit Stegner zu versuchen. Dann gäbe es einen Ministerpräsidenten Christian von Boetticher. „Herr Boetticher“ sagte seine Vorgängerin während ihres Redebeitrages im Landtag. „Herr Boetticher“? Dr. von Boetticher. So viel Zeit muß sein.

Es war ein ereignisreicher Tag. PHC antwortet auf eine Frage Kerstin Tewes, dass auch an ihm so ein Tag nicht spurlos vorüber geht. Ich kann es verstehen. Die (von der SPD verlangte) namentliche Abstimmung war eine Demütigung für den gradlinigen Carstensen. Und genau so war es auch gedacht. Als Demütigung.

Kerstin Tewes wünscht PHC einen guten Urlaub. Urlaub? Ich bin überrascht. Vielleicht braucht er ihn aber. Vielleicht fährt er ja nicht so lange mit seiner Lebensgefährtin weg. Mal sehen. Also.. ich hätte jetzt nicht so die rechte Ruhe für einen Urlaub. Andererseits – wenn schon Urlaub, dann jetzt sofort, wo sehr viele Schleswig-Holsteiner auch nicht zu Hause sind. Ob Stegner wohl Urlaub macht? Mal sehen. Twitter lesen.